Oxford (or “how to gazelle into the compactor”)

Reise nach Oxford beginnt wie sich das gehört: Es regnet Hunde und Katzen. Chantal sagt wo’s lang geht. Ich höre atemlos zu und wage nicht zu widersprechen. Ich liebe Chantal, die mir sagt wo’s lang geht. Chantal ist die Stimme meines Satelliten-Navigators. Ich habe den Satellit nach der hübschen Ruhigen mit den langen Haaren und dem Mona-Lisa-Lächeln so getauft (Schüleraustausch mit Clamart, 1973). Schmachtender Hündchenblick. Chantal hat gelacht und ist dann abgereist. Ich habe sie nie wieder gesehen. Ob sie noch lebt? Was wäre das für ein blöder Film, wenn sie nicht mehr lebte? Ob sie noch manchmal an mich denkt? Wie sie wohl aussieht? Auf der Autobahn in der Nacht liegt viel Zeit zum an Chantal denken herum … und Sophie … und Marianne … und Claire … und diese Feuerrote … wie hieß sie noch?

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Ein paar Hundert Kilometer später sitze ich Fame fatale, einem Italiener in Düsseldorf. Ich beuge mich dem Rat der Einheimischen und parke in zweiter Reihe. Ein bisschen mulmig ist mir das schon. Was, wenn das kostbare Vehikel mit Mikroskopen für 150.000 Euro abgeschleppt wird? Ich gehe immer wieder raus vor die Tür und sehe nach. Nutzlos.

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Nichts wird abgeschleppt. Rinderfilets auf Kartoffelbrei mit Trüffeln schmecken ausgezeichnet. Dorade ebenfalls. Und Crème brullée mit Früchtchen oben drauf? Ein Gedicht!

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Reden und essen und reden und trinken, wobei ich kaum etwas trinke, weil ich noch fahren muss und mir die Option “Taxi und der Van bleibt in der zweiten Reihe über Nacht” nicht recht gefallen will. Die anderen nutzen meine Lage schamlos aus und saufen umso mehr. Zur Strafe fotografiere ich uns. Selbstportrait im Spiegel mit betrunkenen Leuten.

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Genächtigt wird im Lüttelforst, wo der Hund mit kalt feuchter Nase die ganze Nacht auf mich aufpasst (igitt!) und sich am nächsten Morgen nicht von mir trennen will. Kriegt der hier nichts zu fressen oder was? HALLO? Raus aus meinem Wagen!

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Schliesslich steigt der Hund doch aus – rückwärts: tapps, kratz, stocher, zitter. Es gibt ein letztes Foto: “Zwei geheimnisvolle Männer und ein weisses Auto”.

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Dann los. In gleissendem Sonnenlicht durch Holland und Belgien, wo Hühner den Truckermüll zwischen den Lastwagen aufpicken und die Sonne wie ein Atompilz zwischen futuristischen Windmühlen untergeht. Oder ist es ein Atompils? Ich glaube, ich bin zuviel Auto gefahren in den letzten Tagen.

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Atompils … hihi … ich glaube, es ist ein Atompils.

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In Calais rein in den Tunnel. Unheimlich, auch wenn ich nicht an Katastrophen glaube. Man merkt gar nichts. Es ruckelt ein bisschen und plötzlich Folkestone.

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Plötzlich? Schluss jetzt! Die Fahrerei in England ist nicht so schlimm wie ich dachte, sondern noch viel schlimmer. Den ersten Kreisverkehr umrunde ich drei Mal bevor ich mich traue in die “falsche” Ausfahrt reinzufahren. Trotzdem schaffe ich es, unversehrt in Oxford anzukommen. Halleluja!!!

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Gewohnt wird im Express by Holiday Inn, direkt am Kassam Stadium, wo man gut schläft, schlecht isst und teuer trinkt. Oxford selbst ist altehrwürdig und hübsch. Lunch im Café gegenüber ist lecker. Es gibt Pannini und Café Latte.

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Die Architektur wirkt wie eine Mischung aus einer riesigen kalifornischen Shopping Mall mit Venedig.

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Die Ponte di Rialto führt halt über ein Sträßlein statt einen übelriechenden Kanal und das Ganze ohne Gondeln.

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Das harte Winterlicht macht Fotografieren schwierig, wenn man von Schwarzweiss-Postkarten absieht.

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Auch der Botanische Garten hübsch, aber der Jahreszeit entsprechend etwas kahl.

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Abends gibt es Dinner im Dungeon. Im Malmaison speist man an Streckbänken und übernachtet in Kerkerzellen. Die leckere Bedienung in Schwarz gibt sich streng: “GIIIB MIIIIR TRIIINKGELD!!” Geschichten Überqueren den Tisch. Anekdoten tauschen den Besitzer und werden verlacht. Jim vergass ein 5.000 Pfund Objektiv im Papiermüll und verfolgte dieses gazellenartig bis in die Papierpresse … . Wie immer im Kingdom etwas zuviel getrunken.

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