Demilitarized Zone

Von unterwegs:

Heute sind wir mit dem Bus von Hue aus in die Provinz Quang Tri gefahren, dem noerdlichsten Teil des frueheren Suedvietnams. In den Tunnelanlagen von Vinh Moc riecht es nach Schimmel und Tod. Man fragt sich, was die Amerikaner hier eigentlich wollten. Das Land ist an dieser Stelle nur 50 km breit bis zur Grenze mit Laos. Ein Flaschenhals … aber das Ganze wirkt dennoch absurd. Ich bin froh zurueck in Hue zu sein, aber mein Magen ist heute Abend etwas rebellisch. Morgen wollen wir ueber den Wolkenpass nach Hoi An fahren, hoffentlich klappt das ohne Immodium.

Nachtrag:

Der Tag beginnt regnerisch und ich fühle mich krank. Typisch. Vermutlich beginnt die Erholung. Ich stecke vorsichtshalber ein paar Immodium in den Rucksack.

Bei unserem ersten Tankstopp zeigt sich wieder, dass die Touristen die eigentliche Attraktion sind, die es zu fotografieren gilt.

Ob es am Regen liegt oder an meinen Halluzinationen weiss ich nicht, aber heute kommt mir Vietnam sehr grün vor.

Wir halten an irgend einer Gedenkstätte, einem Außenposten, von dem aus die Reisfelder der DMZ zu Übersehen sind. Man sieht eigentlich nichts.

Wir fahren weiter. Die Straße führt über eine Brücke und durch endlose Reisfelder, in denen manchmal Wasserbüffel stehen.

Schwierig zu glauben, dass dieses Gebiet die meistbombardierte Region Vietnams gewesen sein soll und vor allem warum.

Erst nach und nach beginnt man zu verstehen, was hier passiert sein könnte. Die Viet Cong müssen einen für die Amerikaner unkontrollierbaren Guerillakrieg hier geführt haben. Die Kavallerie versuchte durch rasches Absetzen von Truppen in den Reisfeldern solchen Kommandos habhaft zu werden …

… die tagsÜber aber in Tunnelsystemen verschwanden oder zwischen den anderen Reisbauern in der Zivilbevölkerung untertauchten. Für mich wird seltsamerweise plötzlich zum ersten Mal auch nachvollziehbar, unter welchem unheuerlichen psychischen Druck die GIs hier gekämpft haben müssen, …

… was diese Menschen zu dem gemacht hat, was in den Medien damals ständig beobachtet werden konnte (und musste).

Komisch. Es sieht so friedlich aus hier. Aber es regnet, was der Szenerie etwas morbides gibt. Gottseidank regnet es, so kann die Landschaft wenigstens nicht noch schön sein, mit all dem Blut. Nach einem schlechten Frühstück geht es zu denn Tunnelanlagen von Vinh Moc.

Beklemmend und wieder bin ich froh, dass wenigstens das Wetter mitspielt und man keine Lust bekommt an diesem Strand zu baden.

Wird am Utah-Beach eigentlich gebadet? Keine Ahnung.

Nach den Tunnelanlagen geht es zurück ins Mekong Restaurant, zu einem ebenfalls nicht so besonderen Mittagessen.

Seltsamerweise kommen innerhalb der internationalen Reisegruppe eigentlich überhaupt keine Gespräche auf, wenn man von einer bekloppten Schwedin hinter mit absieht, die “he went like” … “then I went like” … sämtliche Männergeschichten ihrer halbjährigen Südostasienreise durchkaute.

Auf dem Rückweg, am Rock Pile vorbei, in Richtung Khe Sanh Überqueren wir eine Brücke über den Quang Tri River, von der aus man endlich mal richtigen Dschungel zu sehen scheint.

Sofort sind wieder die Kinder da. Nur dieses einzige Mal mache ich den Fehler, ein Modellhonorar zu bezahlen.

Bei dem hier bleibe ich schon wieder knallhart – Kein Geld an Kinder! Sollen die Eltern selber betteln gehen statt in die Schule. Es ist nicht einfach.

Dann erreichen wir Khe Sanh. Es hat den Charme einer Autobahnraststätte in Rumänien. In Sichtweite von Khe Sanh verließen wir die Straße Nr. 9 und bogen in einen Waldweg ein. Baumriesen und Kaffeesträucher, Pfefferstauden und Orchideenblüten, Vogelschreie und Affengekreisch fügten sich zur klassischen exotischen Landschaft eines Abenteuer-Farbfilms zusammen. Plötzlich stand ein französischer Bauernhof vor uns, ein zweigeschossiges Gebäude aus massivem Naturstein, ockergetönt und von einer hölzernen Balustrade umgeben wie ein Châlet (Georg W. Alsheimer, 1968)

Da ich wieder schlecht vorbereitet bin, benötige ich ein bisschen, bis ich begreife wo ich bin. Diese Festung war eine der am härtesten umkämpften Bastionen der amerikanischen Truppen, mit der ein Vordringen der Viet Cong Truppen in den Süden gestoppt werden sollte … ohne Erfolg, wie man heute weiss. Das Museum ist beklemmend, trotz seiner propagandistischen Züge (wie ich finde … Silke ist nicht meiner Meinung).

Mir tun die Kerle halt alle leid, die hier ihr Leben oder auch nur ihren Verstand verloren haben.

Ein Schrott-Blut-Gemisch steht hier herum und man sieht nichts, wegen des Nebels.

Ich bin froh, als wir zurück in Hue sind, was nicht heissen soll, dass ich die Fahrt nicht machen wollte. Trotzdem. Ich finde das schwierig. Ich habe zuviel Phantasie.

Das Essen beim Inder gleich nebenan ist scharf und bekommt mir. Ich habe Hunger und fühle mich schlecht.

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